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Das Auge des Sturms

Das Auge des Sturms

30. August 2024 - Autor: The Disney Lorcana Narrative Team

A Lorcana Story in Four Parts

Part 1

Der Reiz des Entdeckens – das ist es, was Minnie Maus am meisten am Tauchen liebte. Als Shanzay also Glimmer suchte, um Zusammenhänge zwischen der Flut und den Vermisstenfällen in letzter Zeit zu finden, meldete sich, ohne zu zögern ein Minnie-Glimmer, um eine nahe gelegene Bucht zu erkunden – klein, unerforscht und voller dicht gewachsener Pflanzen. Es sah zuerst vollkommen sicher aus, vor allem, weil sich ein Donald-Duck-Glimmer zu ihr gesellte. Doch später, da sie weit vom Basislager entfernt war und Donald einen anderen Teil der tiefen Unterwasserbucht durchsuchte, hatte Minnie Zweifel an ihrer Entscheidung.

Was Minnie anfangs für eine fröhliche Spurensuche hielt, hatte sich in etwas ganz anderes verwandelt. Sie hörte in der Ferne eine Stimme singen und folgte der Melodie zu einer leuchtenden Höhle, die von hohen, langsam schwankenden Halmen aus Seetang umgeben war. Jedes Unterwassergeräusch hallte wider, und die Pflanzen, die ihre Arme berührten, fühlten sich an wie scharfe Klingen, die zu kratzen und zu schneiden drohten. Sie schloss die Augen und atmete ruhig durch das Atemgerät, das Shanzay ihr gegeben hatte.

Das Lied erklang jetzt lauter. Die Worte waren immer noch undeutlich, aber der Klang war schön und schrecklich zugleich. Dann wurde die Stimme deutlicher – seidig, schrecklich, voller Kraft. Es war Ursula.

Minnie versuchte, mit den Füßen zu paddeln, um wieder an die Oberfläche zu kommen, aber sie waren irgendwie in dem vielen Seetang verheddert. Sie schaffte es nicht mehr zurück an die Oberfläche, geschweige denn ins Basislager. Sie konnte sich nicht einmal bewegen. Sie saß in der Falle.

 Langsam wickelten sich unglaublich kalte, violett-schwarze Seetang-Stricke um ihre Beine, Arme und ihren Helm.
Danach wurde die Welt dunkel.

Micky Maus,  Kapitän der Musketiere

Part 2

Shanzay blickte auf, während sie die Verschlüsse ihres Zeltes zurechtrückte und zum sechsten Mal einen der Knoten festzog.

„Geht es dir gut?“ fragte Martin. „Dieses Seil könnte den Eisengeier am Boden halten. Ich glaube nicht, dass dein kleines Zelt wegfliegt.“

Shanzay seufzte. „Ja. Ich werde nur das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmt. Dass etwas Schlimmes passieren wird. Hast du vielleicht Minnie gesehen? Sie ist los, um die Unterwasserbucht zu erkunden.“


Martin zuckte mit den Schultern. „Habe ich nicht, aber ich kann Venturo nach ihr fragen, wenn es dich beschäftigt.“


„Okay“, stimmte Shanzay zu. Martin schlenderte durch das Lager zu Venturos Zelt und ließ Shanzay mit ihren Gedanken allein. Das war albern, schimpfte sie mit sich selbst. Alles ist gut.

 

Auf dem Weg zurück zu ihrem Zelt hörte Shanzay ein krachendes Geräusch aus dem Versorgungspavillon, gefolgt von einem „Sacre bleu!“Sie rannte hinüber, riss die Zeltklappe auf und spähte in den kerzenbeleuchteten Raum. Der beißende Geruch von Seetang und altem Fisch schlug ihr entgegen. Lumiere stand zitternd auf einem Tisch, neben dem eine Gestalt mit blass leuchtenden Augen stand, die in rosa Seetang Stricke gewickelt war.

 „Minnie?“ Shanzay flüsterte. „Bist du das?“


Ein Lachen – von Minnies Stimme aber gleichzeitig auch von einer fremden Stimme – kam von der Gestalt. Im Nu schnappte sich der Minnie-Glimmer Lumiere, steckte ihn in einen wasserdichten Tauchsack und eilte mit einer erschreckenden Geschwindigkeit an Shanzay vorbei in Richtung Strand. „Halt!“ rief Shanzay. Sie sprintete hinter dem unerwarteten Dieb her, bis sie die Bucht erreichten – Minnie tauchte ins Wasser und war verschwunden.


„Was war das?“ keuchte Martin, als er auf sie zu lief, gefolgt von Venturo und einem Micky-Maus-Glimmer.

„Ich ... ich glaube, das war Minnie“, sagte Shanzay. „Und sie ist mit Lumiere weggelaufen.“

Sie beschrieb schnell die Gestalt in dem Zelt – bedeckt mit furchtbaren Seetang-Ranken, nach Meer riechend, mit unnatürlich glühenden Augen. „Es war, als wäre sie besessen“, sagte Shanzay. „Als hätte etwas aus dem Meer … irgendwie ihren Körper und ihren Geist verstrickt“


„Dieser Seetang“, sagte Venturo. „War es derselbe Farbton, der überall in dem Raum zu sehen war, in dem dieses ganze Chaos begann?“ Shanzay nickte, und die Luminari tauschten einen wissenden Blick aus.

„Ursula“, fauchte Martin. „Aber was könnte sie mit einem singenden Leuchter wollen?“

„Und was hat sie mit Minnie gemacht?“ fragte Micky, dessen Musketier Kapitäns-Wappenrock hinter ihm her streifte, als er zum Rand des Wassers lief und hineinspähte.


„Keine Sorge, mein Freund“, Venturo legte Micky die Hand auf die Schulter. „Wir werden ihr helfen.“

 „Alle für einen, und einer für alle“, bestätigte Micky.

 „Richtig.“ Shanzay knackte mit den Fingerknöcheln. „Holen wir unsere Freunde zurück.“

Luisa Madrigal, Fels in der Brandung

Part 3

Die Luminari verfolgten den Minnie-Glimmer bis zu einer kleinen Sargassosee ein paar Meilen von der kleinen Insel entfernt. „Da ist sie!“ rief Luisa Madrigal. „Aber ich sehe weder die Tasche, die sie trug, noch euren Kerzenfreund.“

Sie schauten alle ins Wasser und sahen, dass das Bein des flüchtenden Glimmers irgendwie in einem Korallenriff verkeilt war. „Sie muss Lumiere irgendwo versteckt oder ihn abgegeben haben. Wenn wir nur zu Minnie durchdringen und fragen könnten, was passiert ist.“

„Ich werde versuchen, sie zu befreien“, sagte Venturo. „Dann ist sie vielleicht nett zu uns.“ Er schnallte sein Kreislaufgerät an und lieh sich Mickys starre Schwertscheide, bevor er in den salzigen Morast tauchte. Doch je näher Venturo kam, desto mehr zappelte Minnie und rüttelte an ihrem gefangenen Bein.

„Ich glaube, ich habe mehr Schaden angerichtet als Gutes getan“, sagte Venturo, als er wieder auftauchte.

Pluto begann zu bellen, und Micky klopfte ihm auf den Kopf. „Ruhig, Junge“, sagte Micky, bevor er sich an Shanzay wandte. „Glaubst du wirklich, dass du zu Minnie durchdringen kannst?“

Shanzay biss sich auf die Lippe. „Vielleicht ... aber ich werde deine Hilfe brauchen.“

Nachdem sie ihre eigenen Atemgeräte eingestellt hatten, tauchten die beiden in das gefährliche Wasser. Minnie versuchte immer noch, ihr Bein von den Korallen zu befreien, aber ihre Bewegungen waren langsamer als zuvor. Sie wurde müde.

 Shanzay und Micky schwammen an ihre Seite. „Du bist Minnie“, sagte Shanzay durch das Atemgerät. „Dir geht es gut. Es gibt nichts, wovor du Angst haben musst. Du bist stark und mutig“, sagte Shanzay und hoffte, dass ihre verzerrte Stimme zu ihrer Freundin durchdringen würde. Dann nickte sie Micky zu.

 „Du bist eine Helferin. Du bist gut. Du bist mehr als genug, ganz allein“, fügte der Micky-Glimmer hinzu.

Sie öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, aber bevor sie es tun konnte, hallte eine große und schreckliche Stimme durch das Wasser – oder war es in Shanzays Kopf?

 „Ah ah, schlau, schlau! Aber nicht annähernd so schlau, wie du denkst, Luminari. Ich nehme mir, was mir gehört, und beende dein kleines Spiel!“ Mit einem letzten Ruck war Minnies Bein frei, und sie verschwand schnell in der dunklen Unterwasserwelt, weit weg von Mickys ausgestreckter Hand.

Als Shanzay und Micky auf den Tintenflügel kletterten, schenkte die Luminari ihren Freunden ein breites Lächeln. „Wir haben eine Schwachstelle gefunden“, sagte sie. „Es ist nicht viel, aber es könnte uns eine Chance geben. Jetzt lasst uns nachsehen, ob die Seehexe zu Hause ist.“

Käpt'n Hook, Hinterhältiger Duellant

Part 4

Shanzay stockte der Atem, als sie es endlich sah. In der Ferne erhob sich Ursulas Festung wie eine düstere Aquariendekoration, ein Alptraum aus verbogenen Korallen und halb zertrümmerten Muscheln. Die Meerhexe würde hier noch viel mächtiger sein, das wusste Shanzay. Aber sie hatten ein Geheimnis auf ihrer Seite – wenn sie zu dem wahren Ich eines Glimmers durchdrangen, konnten sie Ursulas Kontrolle unterbrechen. Zumindest vorübergehend.

„Bist du bereit?“ fragte Martin über ihre Schulter.

 „So bereit wie nur möglich“, sagte Shanzay mit einem bissigen Grinsen.

Als die beiden Luminari sich umdrehten, um zu dem Micky-Glimmer am Ruder zu gehen, schwappte eine Welle, die viel zu präzise war, um natürlich zu sein, über das Deck des Tintenflügels. Als sie sich zurückzog, stand an ihrer Stelle ein in Seetang eingewickelter Käpt'n-Hook-Glimmer.

Shanzay sah, wie Martin erschauderte. „Wir schaffen das schon“, sagte sie ihm. „Vertrau mir.“

„Mylady befiehlt Euch, diese Gewässer zu verlassen und einen anderen Hafen anzulaufen!“ rief Hook.

„Das wird nicht passieren!“ brüllte Shanzay zurück. „Und bist du nicht Käpt'n Hook?“

Der Glimmer verbeugte sich. „Höchstpersönlich“ antwortete er.

„Warum nimmst du, der große Käpt'n Hook, dann Befehle von jemand anderem an?“ fuhr Shanzay fort.

 „Das ist absurd, junge Dame!“ sagte Hook. „Ich bin nicht …“

„Bist du es denn?“ Shanzay unterbrach ihn, indem sie den verbalen Schlag weiterführte. „Denn wenn du auf Ursulas Befehl hier bist, um uns einzuschüchtern, bedeutet das, dass jemand den großen Käpt'n Hook befehligt!“

„Ich…“ Shanzay beobachtete, wie das blasse Licht in Hooks Augen zu flackern begann.

„Was würde Peter Pan sagen, wenn er sehen könnte, wie du Befehle annimmst?“ fügte Martin der Finte hinzu.

Hook stand mit offenem Mund da und war wie erstarrt.

Nach einigen quälenden Sekunden wedelte Martin vorsichtig mit einer Hand vor Hooks Gesicht, aber der Käpt'n reagierte nicht. „Wir haben es geschafft!“ Martin strahlte. In diesem Moment flackerten Hooks Augen auf, und im nächsten Augenblick befand er sich im Wasser und schwamm schnell davon – schneller als jedes Krokodil – und war bald außer Sichtweite.

Shanzay holte tief Luft, bevor sie sich umdrehte und Mickys Hand nahm. „Wir werden Minnie zurückholen, keine Sorge“, sagte sie. „Wir werden Ursula in ein Aquarium stecken, das so klein ist, dass sie die nächsten hundert Jahre damit verbringen wird, ihre eigenen Tentakel zu betrachten.“