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Smees Komplott

Smees Komplott

26. September 2024 - Autor: Jacob Rennaker

Herr Smee war vieles – ein Glimmer, ein Verschwörer, ein erster Maat – aber vor allem war er ein Pirat. Und das Piratenleben war dieser Tage auf dem Azurblauen Meer gut. Käpt’n Hook und seine Mannschaft hatten schon seit Wochen nicht mehr das Schwert mit Peter Pan gekreuzt, und die Beute des Meeres gehörte ihnen allein. Tatsächlich befanden sich auf der Jolly Roger mehrere neue Kisten mit Beute, die die Mannschaft erst am Vortag von einem Schiff geplündert hatte, das von einem paar ziemlich schmucker Enten geführt wurde.

Herr Smee suchte auf einer nahe gelegenen Insel nach Anzeichen von Peter Pan und ging dabei sehr sorgfältig vor, dann erstarrte er. Könnte das sein? Mit dem Rücken zu ihm gewandt saß auf einem Baumstamm ein Glimmer von Peter Pans geflügelter Freundin, Naseweis. Was für ein Glück!

Er suchte das Gebüsch nach Tierschwänzen ab, die die verlorenen Jungen trugen, aber er sah nichts. Als er im Augenwinkel einen sich bewegenden Schatten wahrnahm, drehte er sich schnell um, aber erneut war nichts zu sehen.

Smee schüttelte sein Unbehagen ab und konzentrierte sich auf Naseweis. Er nahm seine rote Mütze ab, ging in die Hocke und schlich sich von hinten an die ahnungslose Fee heran. Dann sprang er.

„Hab’ dich!”, rief er über den Lärm von wild klingelnden Glocken hinweg, als er Naseweis in seine Mütze stopfte. Während er die Mütze zudrückte, hätte er schwören können, dass er den Anflug eines Lächelns auf ihrem Gesicht bemerkte.

Das machte nichts. Er hatte jetzt Peter Pans treue Begleiterin. Sobald er sie auf dem Schiff in Gewahrsam hatte, würde der Kapitän ihn sicher loben.

 

Käpt’n Hook

„Käpt‘n, Käpt‘n – Ich habe etwas für Euch gefunden.“

Vertieft in den Inhalt einer Kiste vom Schiff der Enten, blickte der Käpt’n Hook-Glimmer nicht auf. „Hmmm? Oh, stell es einfach irgendwo ab.“

„Aber Käpt’n–“

Nicht jetzt, Herr Smee. Und bring deine verdammte Glocke zu Schweigen!“

Smee trat einen Schritt zurück zum Tisch und stellte die Laterne ab, die nun seinen Preis enthielt. Die Fee sprang immer wieder gegen das Glas und ließ einen Stapel Karten aus der jüngsten Beute der Piraten zu Boden gleiten.

„Verdat noch mal, Smee! Wie oft muss ich noch –„ Käpt’n Hook hielt inne, als er die gefangene Naseweis sah, und ein Grinsen breitete sich von einem boshaften Ohr zum anderen aus.

„Sehr gut, Herr See. Und beseitige dieses Chaos.” Als er auf die heruntergefallenen Karten zeigte, fiel ihm etwas ins Auge.

„Was haben wir denn da?“ Käpt’n Hook hob eine Karte auf, auf der das Bild eines Labyrinths abgebildet war. Plötzlich ließ Naseweis einen ohrenbetäubenden Glockenschlag ertönen und deutete energisch auf die Karte.

„Was sagst du?“ Käpt’n Hook wendete seinen Kopf der Fee zu. „Ein Geheimnis? Unmöglich von jemandem wie mir zu lüften? Nun, das werden wir ja sehen!“ Mit einer einzigen Bewegung seines Hakens räumte er den Tisch ab, breitete die Karte aus und begann sofort, sie zu studieren.

„Das werden wir ja sehen“, wiederholte Herr Smee. Zufrieden sammelte er alle heruntergefallenen Karten auf, er bemerkte nicht, dass Naseweis still geworden war. Er hatte seinem Kapitän nicht nur ein, sondern gleich zwei unerwartete Geschenke gemacht, und er war sicher, dass die Mannschaft schon bald den Anker lichten und in kürzester Zeit wieder auf Beutezug gehen würde.

 

Fairy Dust

Herr Smee ging vor der Tür zu Käpt’n Hooks Kajüte auf und ab. Es waren nun schon Wochen vergangen. Der Kapitän hatte gelegentlich Befehle gerufen, die sie immer tiefer in das Azurblaue Meer führten, aber er verbot der Mannschaft, andere Schiffe anzugreifen.

Keine Piraterie. Kein Plündern. Sie konnten nicht einmal eine einzige Kanonenkugel abfeuern, denn das hätte seine Konzentration mit Sicherheit unterbrochen. Smee hatte versucht, ihn herauszulocken, aber der Kapitän weigerte sich, bis er das Geheimnis der Karte entschlüsselt hatte.

Sogar über den tosenden Wellen um sie herum hörte die besorgte Besatzung Zeichen des Kapitäns bei der Arbeit: das Aufprallen von geworfenen Gegenständen, das Frustrationsbrüllen und nicht wiederholbare Drohungen. Aber kein einziger Glockenschlag von der gefangenen Fee.

Die Mannschaft wurde rastloser mit jedem Tag, und schon bald drängten sie Herrn See, den Kapitän von seinen Pflichten zu entbinden. Dies war kein Piratenleben! Es musste etwas – und zwar etwas Drastisches – getan werden, um das piratenförmige Loch in ihren seetüchtigen Herzen zu füllen.

Und so schlüpfte Herr Smee eines Nachts, als Käpt’n Hook endlich eingeschlafen war, leise durch seine Tür, schlich durch den Raum und hob langsam … langsam den Hut des Kapitäns von der Laterne. Naseweis saß still darin, die Knie an ihr Kinn gepresst, und starrte die weißen Bommeln auf ihren Schuhen an.

Die Fee hob den Blick und wirkte geradezu gelangweilt als sie Herrn Smee erkannte. Er legte einen Finger an die Lippen, öffnete die Laternentür und bedeutete ihr, herauszukommen. Sie erhob sich, streckte sich träge und flog plötzlich mit einem verschmitzten Lächeln aus der Laterne heraus. Sie stürzte auf Käpt’n Hooks Schreibtisch zu und schoss dann durch die offene Tür, wobei sie eine Spur von Feenstaub auf seinen Sachen hinterließ.

Der erste Maat warf einen Blick auf Käpt’n Hook, der laut schnarchte und dessen Schnurrbart sich bei jedem Atemzug hob und senkte. Smee setzt den Kapitänshut zurück auf die Laterne und ging dann auf Zehenspitzen zur Tür. Er warf einen letzten Blick zurück in die Kajüte und atmete erleichtert auf. Er war zuversichtlich, dass Käpt’n Hook nach Naseweis‘ „Flucht“ wieder sein Kapitän sein würde und der Rest der Piratenmannschaft sicher wieder der Piraterie widmen konnte.

 

Peter Pan

Herr Smees Seufzer blieb ihm im Halse stecken. Die scheinbar harmlosen Lichtkörnchen, die sich auf einem Großteil des Raumes niedergelassen hatten, stiegen in die Luft auf, zusammen mit allem, was sie berührt hatten. Eine Taschenuhr, ein Fernglas, die Laterne und sogar der geliebte Hut des Kapitäns schwebten nach oben und flogen – trotz Smees ernsthafter Versuche, sie aufzuhalten – zur Tür hinaus und in den Himmel.

Gerade als Smee glaubte, es könne nicht mehr schlimmer werden, rief der Bootsann: „Festhalten! Eine mächtige Welle nähert sich! Und noch eine! Und noch eine! Sie umzingeln uns!“

Das Schiff kippte, und Käpt’n Hook begann sich zu regen. Herr Sees Herz pochte unter seinem gestreiften Hemd, während er verzweifelt nach der Karte suchte, die sie so tief in das Herz des Azurblauen Meeres geführt hatte. Sie war der Schlüssel, um dieser neuen Gefahr zu entkommen.

Nur … dort, wo die Karte auf dem Tisch gelegen hatte, war nur noch der Umriss in einer feinen Schicht aus Feenstaub zu sehen.

Käpt’n Hook gähnte. Einen Moment später ertönte draußen der unverwechselbare Klang eines krähenden Hahns.

Herr Smees Augen weiteten sich. Oh je, was hatte er getan? Die Ereignisse der letzten Wochen schossen ihm durch den Kopf. Wie leicht es gewesen war, Naseweis zu fangen. Wie sie Käpt’n Hook dazu ermutigt hatte, diese geheimnisvolle Karte zu entziffern. Ihre fehlende Überraschung, als Smee sie freiließ. Der Feenstaub, der alles wegfliegen ließ. Der Schatten am Rande seines Blickfeldes.

Der Pirat eilte zur Tür und musste dabei zusehen wie die Sachen des Kapitäns immer höher und höher in den dämmrigen Himmel schwebten. Über der Taschenuhr, dem Fernrohr, der Laterne, dem geliebten Hut des Kapitäns … schwebte ein grinsender Peter Pan, der die Karte in einer Hand hielt und damit wie ein Vogel im Flug herumflatterte.

Herr See schluckte laut. Er war vieles – ein Glimmer, ein Verschwörer, ein erster Maat –, aber ein kriminelles Genie war er ganz sicher nicht.